Talent-Verschwendung an deutschen Schulen

Heute kam im Handelsblatt der folgende Artikel.

Die große Talent-Verschwendung an deutschen Schulen

Fachkräfte in Deutschland sind chronisch knapp. Doch noch immer bleiben Tausende Schüler unter ihren Möglichkeiten. Wo genau liegen die Fehler im Bildungssystem?

https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/fachkraeftemangel-die-grosse-talent-verschwendung-an-deutschen-schulen/28028618.html

Ich teile denke ich eine ähnliche Geschichte wie Fatbardh Mehmeti. Meine damalige Grundschullehrerin hatte meinem Vater bereits in der dritten Klasse vermittelt, dass ich eine Hauptschulempfehlung bekommen werde. Das hat bei meinem Vater die Alarmglocken läuten lassen: Er selber hat sein Abschluss in der Hauptschule gemacht und wollte unbedingt, dass seine Kinder irgendwann studieren und ihr Potenzial entfachen.

Ich komme aus einer Nichtakademikerfamilie. Mein Vater hat ein Hauptschulabschluss, meine Mutter ein Grundschulabschluss. Mein Großvater väterlicherseits sah es mit der Bildung nicht so wichtig. Für ihn war wichtig, dass mein Vater frühzeitig irgendwo arbeitet und Geld nach Hause bringt.

Mein Vater bekam nie die Unterstützung, die er gebraucht hätte um sein Potenzial zu entfachen. Er wollte bei mir und meinen Geschwistern eigentlich vieles anders machen. Und diese Worte von meiner Lehrerin hatten ihn schockiert. Er organisierte für mich Nachhilfeunterricht in Mathe und Deutsch – und innerhalb kürzester Zeit hatte ich es tatsächlich auch geschafft, meine Noten stark zu verbessern. Viele waren erstaunt. Das ging jedoch nur so lange gut, bis sich herum sprach, dass ich Nachhilfeunterricht bekam. Meine Eltern erzählen mir die Situation so: Meine Lehrerin soll kommuniziert haben, dass sie der Ansicht war, dass ich es ohne Nachhilfeunterricht nicht geschafft hätte. Daher wurde es eine Realschulempfehlung. Ich weiß nicht, ob sich das inzwischen geändert hat, aber zu meiner Schulzeit war eine „Empfehlung“ teilweise verpflichtend. Ich hätte wahlweise die Hauptschule besuchen können, aber nicht mehr das Gymnasium.

Über meine Schulzeit hinweg haben meine Eltern mich weiterhin unterstützt. Ich hatte auch selber den Wunsch entwickelt, irgendwann mein Abitur zu machen und Astronaut zu werden. Ein Astronaut bin ich nicht geworden, aber nach der Realschule habe ich ein technisches Gymnasium besucht, habe mein Abitur durchgeführt, ein Studium abgebrochen, einiges als Softwareentwickler und Unternehmer gearbeitet, habe den Bachelor in Wirtschaftsinformatik gemacht und studiere nun im Master. Ich habe weder das Talent, noch den Familienhintergrund für eine akademische Karriere. Und doch bin ich hier und ich bin dankbar. Dafür bin ich insbesondere meinen Eltern dankbar, dass sie mir in meiner Kindheit die Unterstützung gegeben haben, die sie selber nicht bekommen haben. Ich bin dankbar für die Lehrer meiner Oberstufenzeit, die mich unterstützt haben.

Ich stimme dem Artikel zu: Es werden so viele Potenziale verschwendet. Die meisten haben nicht so viel Glück wie ich oder Fatbardh Mehmeti.