Bis vor ein paar Monaten war ich zufrieden mit meinem bisherigen Stromanbieter. Wenige Zeit danach kam jedoch die böse Überraschung. Mein monatlicher Abschlag ist von 42€ auf 66€ gestiegen. Damit war für mich der bisherige Vertrag nicht mehr attraktiv.
Für mich war schon länger das Interesse an eigenen Solarzellen auf dem Balkon vorhanden. Ich habe so viel ungenutzte Fläche. Aufgrund der Energiekrise wurden bürokratische Hürden in Deutschland für Balkonkraftwerke beseitigt. Die Sterne lagen richtig und ich habe diese Gelegenheit genutzt, um ein klein wenig mehr zum Selbstversorger zu werden.
Stromtarif
Wie geht es mit meinem Stromanbieter weiter?
Ein Blick in den Grundversorger Tarif hat gezeigt, dass kündigen auf jeden Fall besser ist, als die Vertragsänderung bei meinem bisherigen Anbieter zu akzeptieren. Ich habe das auch getan und bin nun wieder bei EnBW. Für mich waren die Konditionen bei EnBW durchaus attraktiv. Der Grundpreis ist niedriger, der Arbeitspreis höher, als bei vergleichbaren anderen Tarifen. Das heißt, dass je mehr Strom ich produziere, ich proportional mehr spare.
Ein entscheidender Nachteil ist dagegen, dass ich hier auch Strom aus Kohle und Kernenergie beziehe, was ich nicht in Ordnung finde. Für mich ist das daher eine temporäre Lösung, bis ich einen zufriedenstellenden Tarif gefunden habe.
Rechtliches
Für viele Fragen und Antworten hat Heise ein Katalog aus häufig gestellten Fragen veröffentlicht. Ein paar der wichtigsten Aspekte.
Mehrwertsteuer
Für Balkonkraftwerke und deren Zubehör entfällt seit dem 01.01.2023 die MwST. Das heißt sie sind etwa 19% günstiger zu kaufen als davor.
Genehmigung vom Vermieter
Sind keine baulichen Maßnahmen zur Installation der Solarzellen nötig, so wird keine Genehmigung vom Vermieter benötigt. Ich selber habe eine kurze Mail an meinen Vermieter geschrieben, diesen über die Installation informiert, und Raum für Bedenken eingeräumt.
Anmeldung
Für die Anmeldung von Balkonkraftwerken ist das Ausfüllen eines vereinfachten Formulares ausreichend. Bei EnBW ist eine anschauliche Checkliste hier zu finden. Der Aufwand zum Ausfüllen des Formulares und Registrieren im Markstammdatenregister beträgt höchstens 30 Minuten.
Zähler
Ich habe herausgefunden, dass mein Zähler ein alter Zähler ist. Bei einem Balkonkraftwerk erzeugt man Strom in Höhe von 600 Watt. Laut der Deutschen Gesellschaft für Solarenergie gilt folgendes.
Wenn das Steckbare Solar-Geräte weniger als 800 Watt leistet und die Netzrückspeisung des Solar-Gerätes geringer als 4% des Jahresstrombezugs ausfällt, ist jeder Zähler geeignet.
https://www.pvplug.de/faq/
In weiteren Absätzen wird näheres über diese Sache erläutert. Ich habe für mich mitgenommen, dass ich ein Balkonkraftwerk rechtssicher mit jedem beliebigen Zähler betreiben kann, solange das Gerät unter 800 Watt ist und die Netzrückspeisung geringer als 4% des Jahresstrombezuges ist. Das ist bei mir sehr wahrscheinlich der Fall.
Balkonkraftwerk
Mein Kraftwerk habe ich auf Amazon bestellt. In dem Paket sind zwei Solarzellen, ein Schukokabel und ein Wechselrichter mit W-LAN Funktion enthalten.
Zusätzlich habe ich Halterungen für die Solarzellen bestellt. Die Halterungen sorgen zum Einen für eine bessere Verlagerung des Gewichts, zum Anderen ermöglicht sie eine Neigung der Panele gegenüber der Sonne, sodass die Leistung verbessert wird.
Kosten und Ertrag
Die Solarzellen haben 650€ gekostet, die Halterungen 110€, weiteres Zubehör (Kabel, Schuko-Adapter, Stahlseile, Klemmen) hat 90€ gekostet. Dadurch komme ich auf 850 € für alle Objekte. Die Installation führe ich selber durch.
Der Wechselrichter hat eine Maximalleistung von 600 Watt. Ich wohne in einem Teil Deutschlands, in dem der Ertrag mit Solarzellen am höchsten ist. Ich vermute, dass ich im Jahr etwa 350kWh an Strom produzieren werde. Das sind mehr als 1/4 meines ganzen Strombedarfes. Bei einem Preis von etwa 0,40€ sind das 11€ pro Monat, die ich an Stromkosten sparen sollte. Dadurch amortisiert sich das Balkonkraftwerk in etwa 6 Jahren.
Installation
Für die Installation habe ich viele verschiedene Alternativen in Betracht gezogen. Ganz vorne standen für mich modellierte Verbindungsstücke aus PETG. PETG hält Witterung stand und hält einiges mehr aus, als beispielsweise PLA. Nach ein paar Härtetests hat sich gezeigt, dass auch PETG nicht dafür geeignet ist, viel Gewicht zu tragen. Daher hat sich die Wahl auf Stahlteile fokussiert. Hier habe ich ein wenig experimentiert und bin am Ende mit einfachen Schraubklemmen und Stahlseil sehr zufrieden gewesen.
Eine große Herausforderung war die Verkabelung. Auf meinem Balkon habe ich keinen Stromanschluss. Wie bekommt man den Stromanschluss auf den Balkon, ohne bleibende Veränderungen an Balkontüren und Fenstern durchzuführen? Ich habe nach einer gründlichen Prüfung der Türen festgestellt, dass die Tür Löcher besitzt, die vermutlich zum Durchlassen von Wasser gedacht ist. Ich habe ein etwas dünneres Kabel geholt, und die Verkabelung durch dieses Loch durchgeführt, und die Schuko-Adapter verkabelt.
Not macht erfinderisch! Das ist nicht die beste Lösung, hat aber am Ende dennoch funktioniert, ohne die Tür zu verbohren. Es ist noch nicht alles perfekt, aber grundsätzlich brauch es nicht einmal ein Loch. Die Türdichtung ist auch weich genug, um die Kabel durch zu verlegen. Das Ganze fixiere ich mit Heißkleber, was man im Nachgang auch sehr leicht entfernen kann. Das weiße Kabel ist mein Stromkabel, das schwarze Kabel ist mein Antennenkabel für meine LoRaWAN-Antenne.
Vor dem Test habe ich die Halterungen ohne Solarzelle testweise angebracht und nachdem auch die Tests erfolgreich waren, stand der Installation nichts im Wege.
Inbetriebnahme
Da mein Wechselrichter auch W-LAN fähig ist, werden die Daten über den produzierten Strom gesammelt und in einer App dargestellt.
Heute war ein bewölkter Tag und es wurden 0,5 kWh Strom produziert. Bei meinem durchschnittlichen Verbrauch an 3,4 kWh pro Tag wurden am heutigen Tag etwa 15% durch meine Solarzellen abgedeckt.
An einem sonnigen Moment stieg an einem bewölkten Tag die Produktion auf bis zu 407 Watt. Ich kann das Ganze über die App beobachten.
Ergebnis
Das Ergebnis lässt sich blicken! Die Konstruktion ist sehr stabil, und meine Solarzellen produzieren Strom. Mein Balkon ist nun neben meiner LoRaWAN Antenne nun auch mit Solarzellen geschmückt. Als Selbstversorger bin ich einen wichtigen Schritt gegangen.