Recycling: Thermoskanne Verschlussteil

Ich habe da so eine Thermoskanne, die ich seit vielen Jahren nutze. Ich bin sehr zufrieden damit. Immer, wenn ich unterwegs Kaffee oder Tee brauche ist diese Kanne mein Helfer.

Die besagt Kanne. Im ersten Blick sieht alles in Ordnung aus, aber der Schein trügt.

Vor kurzem ist sie aber kaputt gegangen. Der Verschluss ging beim Öffnen immer wieder ab und konnte so nicht mehr genutzt werden. Meine Kanne ist ein No-Name Produkt. Wieder einmal ein Kleinteil, für das es offenbar keine Ersatzteile gibt. Im Normalfall würde die Kanne vermutlich im Müll landen und ich müsste mir eine neue anschaffen.

Ersatzteil

Okey, es ist nicht so tragisch. Ich muss mich korrigieren: In diesem Falle gibt es eventuell sogar Ersatzteile.

Thermoskanne Ersatzdeckel

Eine kurze Suche auf Amazon hat Ersatzdeckel für solche Thermoskannen wie meine ergeben. Das heißt, auch ohne 3D Drucker müsste meine Kanne nicht im Müll landen. Ich könnte im Schlimmsten Falle auch das hier ausprobieren.

Jedoch muss es nicht heißen, dass es passt. Die Bewertungen unter dem Produkt verdeutlichen, dass es auch nicht passen könnte.

Ich will mir aber ohnehin Ersatzteile selber modellieren und so möglichst viel Plastik recyclen.

Diagnose

Beim Versuch den Verschluss zu öffnen fliegen die Kleinteile aus dem Deckel und es ist nicht möglich aus der Kanne Getränk einzuschöpfen.

Hier sind die Kleinteile im Deckel. Als erstes schaue ich, ob irgendwas zerbrochen ist. Es sieht aber nicht so aus. Das Einzige, was dann noch sein kann ist, dass der Rand vom dritten Teil so verschlissen ist, dass sie einfach aus der Öffnung rausfliegt.

Hier sieht man das besagt Teil aus unterschiedlichen Perspektiven. Man sieht, dass sie im Inneren ein Muster hat, damit die anderen Teile sich daran orientieren können. Ich hatte insgeheim gehofft, dass irgendwas einfaches zerbrochen ist, sodass man das einfach nachmodellieren kann. Aber dieses eine Teil das komplizierteste unter den Teilen. Es wird eventuell nicht ganz so einfach, aber mit etwas Zeit kann man jedes Teil modellieren.

Seit neuestem habe ich einen richtigen Messschieber, mit dem ich die Maße noch genauer aufnehmen kann. Es ist fast schon eine Sünde, so etwas als Modellierer nicht zu besitzen. Bei der Aufnahme der Maße ist das so eine große Hilfe. Die Investition hat sich gelohnt.

Erster Prototyp

OpenSCAD angeschmissen, ein grobes Modell mal modelliert. Die innere Einkerbung habe ich erstmal weg gelassen. Das kommt später. Die Löcher an den Seiten habe ich aber noch eingebaut und ab in den 3D Drucker damit!

Okey, die Druckqualität ist nicht super. Ich habe ein wenig an den Einstellungen gespielt und das hat irgendwie die Druckqualität verschlechtert. Aber nicht schlimm, ist ja nur ein Prototyp. Erstmal probieren, ob die Maße passen.

Passt wie angegossen! Wow, das hätte ich beim ersten Prototyp nicht erwartet. Das muss am Messschieber liegen 😀

Aber etwas stimmt nicht… Ich habe die Löcher an der Seite nicht korrekt modelliert. Nun gehts an ein paar Verbesserungen.

Zweiter Prototyp

Der zweite Prototyp hat mehr Details. Die Löcher an den Seiten sind korrigiert und ich habe beim Prototyp die untere Seite beim Drucken ganz weg gelassen, damit ich tatsächlich nur mal schaue, ob die Installation mit den anderen Teilen funktioniert.

Um etwas Filament zu sparen ist es nun nur der obere Teil des verschlissenen Teils.

Irgendwie gefällt mir die rote Farbe. Aber hier ist der Prototyp zu sehen. Das Innere Teil passt in die Öffnung an den Seiten, genau so, wie sie es auch bei dem alten Teil getan hat.

Sehr gut! Es passt und funktioniert gut mit den anderen Teilen zusammen. Und noch wichtiger, es hält alles zusammen. Die Teile fliegen beim Versuch zu öffnen nicht raus.

Okey sieht großartig aus. Jetzt kommt der letzte und schwierigste Teil der Modellierung. Das innere Muster. Damit geht es zum dritten Prototypen.

Dritter Prototyp

Ich sehe, dass das gleiche innere Muster 6x wiederholt wird. Das heißt, dass ich es nur einmal modellieren muss und es dann 6x wiederholen kann. Die Form des Musters kann ich das erste Mal als Polygon modellieren. Es muss nicht 100% genau sein, aber irgendwie passen. Die Tiefe ist hier relevanter.

Um meine 2D Form in eine Zylinderebene zu bekommen muss ich die 2D Form irgendwie biegen. Ich habe hier ein großartiges Stück Code gefunden. Ich habe sie ein wenig abgewandelt und fertig war die Form! Ich habe den Quellcode von dem obigen Beispiel hier geteilt.

Einbauen in den vorherigen Prototypen und fertig ist das Modell! Es ist wieder Zeit für ein Druck und dann direkt anprobieren.

Es passt perfekt und die Thermoskanne funktioniert wieder, ohne dass der Verschluss rausfliegt! Ich bin sehr zufrieden. In dem Video sieht man, dass es beim Öffnen noch ein wenig klemmt. Ich vermute, dass es wegen der niedrigen Druckqualität ist. Ich werde aber vorerst den Prototypen an der Flasche belassen und schauen, wie der sich in nächster Zeit tut.

Ergebnis

Damit findet das Projekt vorerst sein Ende. Wieder einmal ein Gegenstand vom Müll gerettet und als lokaler Erzeuger meine eigenen Ersatzteile produziert. Ich habe dieses Ersatzteil auch auf Thingiverse geteilt. Falls du das auch brauchst, kannst du dir dieses Teil einfach herunterladen, ausdrucken und für deine Thermoskanne nutzen.

Nachhaltigkeit

Nach mehreren Beiträgen mit Recycling ist es an der Zeit ein meine eigene Arbeit ein wenig kritisch zu begutachten. Wie nachhaltig ist das Ganze? Was passiert mit all den Prototypen, die ich hier erzeuge? Die werden ja schließlich nicht verwendet und landen am Ende im Müll… oder? Nein. Lass mich das näher erläutern.

Im Kontext der Nachhaltig gibt es zwei Aspekte, die eine Rolle spielen. Zum Einen muss die Energie, mit der ein 3D Drucker angetrieben wird aus nachhaltigen Energiequellen kommen. Ich habe das in einem vorherigen Beitrag durchleuchtet, dass mein Strom aus nachhaltigen Quellen kommt.

Zum Anderen dürfen die fehlerhaften Druckerzeugnisse und Prototypen nicht einfach im Müll landen. Ich nutze für mein Druck den Kunsstoff PLA. PLA wird aus nachhaltigen Rohstoffen (wie z.B. Maisstärke) hergestellt und ist 100% recyclebar. Man kann die fehlerhaften Drucke shreddern, erneut in Pellets oder Filament umwandeln und wieder für neue Drucke nutzen.

Ich sammle alle meine alten Prototypen und bin gerade dabei, mir ein Shredder zu bauen, um meine gesammelten Prototypen zu recyclen. Das ist aber Thema für einen anderen Blogpost.